3. Practice Based Research - Eine notwendige Alternative
Practice Based Research versteht sich als unverzichtbare Ergänzung zur EBM. Dabei stellt die Praxis basierte Forschung gewissermaßen zunächst einen Schritt zurück dar:
Ihr Ansatz liegt im Gegensatz zu Evidenz basierten Studien primär nicht in der Überprüfung einer bestimmten subjektiven Hypothese, sondern viel elementarer im zunächst möglichst intentionsneutralen Sammeln von klinischen Daten. Durch das breit gestreute Erfassen von Alltagsdaten entstehen große Datenbanken. Globale Wirtschaftsunternehmen arbeiten bereits seit Jahren mit dieser Methode. Die Idee lag primär in der Nutzung von Daten, die meist ohnehin anfallen und die systematisch erfasst und ausgewertet werden können.
Zum Einsatz kommen dabei neueste Datenverarbeitungstechniken, die das Sammeln, Verwalten und auch die spätere Auswertung komplexer Datenmengen weitgehend automatisiert leisten. Der Ausbau solcher Datenbanken schafft eine breite Grundlage aufgrund derer Hypothesen generiert und adäquat verifiziert werden können. Ziel ist es, auf diesem Wege zu anwendbaren Evidenzen zu gelangen. Das Besondere dabei ist, dass die Daten zunächst möglichst neutral erhoben werden und ihr Nutzen zu diesem Zeitpunkt noch nicht definiert ist. Durch die überschneidende Nutzung von verschiedenen Stellen unter unterschiedlichen Aspekten wird eine hohe Effizienz erreicht. Intelligente Auswertungen von Practice Based Research Datenbanken können damit das abdecken, was durch EBM Studien nicht abgedeckt werden kann. Sie bieten durch ihre umfassende Strukturierung ganz neue Möglichkeiten der Hypothesengenerierung und liefern damit starke Hinweise auf klinische Evidenzen, die dann im einzelnen nachgeprüft werden können. Practice Based Research stellt damit eine effiziente und kostengünstige Grundlage für ärztliche Entscheidungsfindung dar: Dieser „Decision Support“ kann so aussehen, dass direkt in der Datenbank einzusehen ist, wie hoch die Ansprechrate auf ein bestimmten Medikament bei allen in der Datenbank erfassten Patienten ist und wovon diese abzuhängen scheint. Diese Daten sind bei einer entsprechend großen Zahl von Patienten eine solide klinische Entscheidungsbasis. Hinzu kommt, dass PBR nicht zwingend an Diagnosen gebunden ist. Die Frage ist im Gegensatz zu Studien der EBM nicht, welche Diagnosengruppe welche Therapie benötigt. Vielmehr interessiert es, welche Therapie den besten Effekt für den einzelnen Patienten mit seinen spezifischen psychopathologischen Merkmalen und sonstigen Charakteristika hat.
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